
Interview mit Jan König
DEX: Wir denken das „Marke“ in den digitalen Kanälen immer wichtiger wird. Was ist Ihre Meinung dazu?
Jan König: Es steht völlig ausser Frage, dass die Marke in das Zentrum des Digitalen rückt, weil das Digitale Lebensmittelpunkt unseres medialen Konsums ist. Die Media Optionen explodieren und das, was Unternehmen in Zukunft brauchen, sind starke Marken, die auch im Zeitalter von Voice überlebensfähig sind. Nur wer heute konstant in seine Marke investiert, wird auch in der Zukunft davon profitieren können. Es gibt viele Beispiele, bei denen Marken im Laufe der Zeit – auch aufgrund des exzessiven Einsatzes von Digital als reinen Performance Kanals – massiv an Wert verloren haben. Die Digitale Experience darf sich nicht an der Rote-Fenster-Rabattschlacht am POS orientieren, sondern muss sich – ganz wie Simon Peel von Adidas vorgegeben hat – auf die vielen Möglichkeiten als Marke punkten zu können, fokussieren.
DEX: Welche KPIs sind Ihnen beim Thema „Werbewirkung“ am wichtigsten? Wie gehen Unternehmen damit um?
Jan König: Jede Brand braucht eigene Messgrössen für das Thema Werbewirkung. Wichtig ist: Das über einen Kamm scheren von verschiedensten KPIs wie Klickrate über Banner, Video und Social ist längst vorbei. Heute müssen Marken agil fähig sein, ihre Markenwerte über eigens initiierten Research zu ermitteln. Time-spent-with-brand hilft, ist aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss. Panelstudien, die halbjährig aktualisiert werden, reichen nicht als Messgröße. Viele Digitale Player bieten kostenfreie Marktforschung bei Mindestbuchungsvolumen an. Das funktioniert als Test für das Creative, aber um über alle ausgewählten Kanäle einen Impact zu ermitteln, benötigt es auch ganzheitliche Marktforschungsansätze. Hierbei gibt es einige Player, die immer mit frischen Sets arbeiten, aber das ist keine Frage die sich pauschal für alle Brands gleich beantworten lässt. Daher: Immer die Frage stellen, was wollen wir gemeinsam erreichen. Status quo messen, Uplift ermitteln. Regelmäßig die „Brand Health“ checken.
DEX: Welche digitalen Kanäle sind die besten, um eine Marke bekannt zu machen und wieso?
Jan König: Die Kraft von Video steht über allem. Nur wenn ich es mit meiner Marke schaffe, eine Strategie zu entwickeln, die im Digitalen den Fokus auf Video setzt, bin ich in der Lage als Marke die nötigen Punkte zu machen. Und dabei darf es nicht – wie so oft – passieren, dass ich meinen TV Spot und Cut-Down auf allen Kanälen hochlade und mit einem Making-Of garniere. Ich darf mich nicht am Produkt orientieren, sondern muss auf den Consumer zugehen. Das heisst: Ich muss mich fragen, mit welchen Assets kann ich meine Marke aufladen, die sowohl zu mir passen, als auch zu meiner Zielgruppe (In der Regel reicht ein Asset nicht aus). Auf diesem Insight entwickle ich Video-Content, den ich dann über das perfekte „Content-Stack“ in alle Kanäle bringe. Damit meinen wir: Alle Formate (16:9, 1:1, 9:16), mit und ohne Untertitel, als Teaser/Reminder (6s), Trailer (15-30s) und Full-Episode (1min+). Nur wenn ich von Tag 1 so plane, bin ich auch bereit in den Newsfeeds und Stories dieser hektischen Welt zu punkten – denn genau da muss ich hin. Wenn Dein Content ein 45 sekündiger Film ist, der für das Fernsehen geschnitten wurde, halt Dich fern von Instagram.
DEX: Glauben sie das Performance Marketing ohne eine starke Marke funktionieren kann?
Jan König: Die Marke bildet die Basis und je grösser der Funnel oben wird, desto mehr purzelt unten heraus. Dazu eine kurze Geschichte: Ich war beratend tätig bei einer Fashion-Brand. Das „Brand-Team“ hatte wirklich gute Ideen, investierte in Marke und gab gute Impulse. Die „Performance-Crew“ wurde persönlich auf den Umsatz incentiviert. Heisst: Mehr Geld für mich, wenn ich mehr Revenue durch meinen Kanal fliesst (Last-Cookie Attribution). Also, ging es zum CEO: Dessen Blick galt immer nur den Zahlen. Ergebnis war, dass man von einem 70 Brand – 30 Performance Split auf 20 Brand – 80 Performance umshiftete. Ein Jahr später bettelte die „Performance-Crew“, dass wieder in Marke investiert wird. Was war passiert? Die Kosten sowohl in Search als auch im Display-Bereich sind derart nach oben geschossen, dass die zusätzlichen Budgets keinen Uplift im Umsatz bewirkten. Ein Jahr die Marke getreten nur für das schnelle Geld. Daher: Stellt sicher, dass ihr genug in die Marke investiert, damit die Kunden Eure Marke lieben – und am Ende werden sie auch kaufen.